Bekannte Stimme aus dem Blindenfußball

Marius Caspary auf der Pressetribüne bei Eintracht Braunschweig
Marius Caspary auf der Pressetribüne bei Eintracht Braunschweig

Eine bekannte Stimme des Spielbeschreiberteams der Deutschen Blindenfußball-Bundesliga (DBFL) durfte am vergangenen Samstag erstmals ein Bundesligaspiel in der DFL beschreiben. Marius Caspary half bei seinem Heimat- und lieblingsverein Eintracht Braunschweig aus und kommentierte das Spiel gegen den SC Freiburg für blinde und sehbehinderte Stadiongänger.
B.net fragt nach den Besonderheiten und seinen eigenen Emotionen bei der Ligapremiere.

B.net: Marius, du durftest am Samstag zum ersten Mal ein Spiel „deiner“ Eintracht in der Bundesliga für die Sehbehindertenplätze im Stadion kommentieren. Warst du aufgrund der Stadionatmosphäre aufgeregter vorm Mikrofon als du es bei Spielen in der DBFL bist, obwohl die Hörerzahlen dort deutlich höher sind?

Marius: Als die Anfrage kam, war ich schon etwas aufgeregt, habe aber selbstverständlich sofort zugestimmt, diese neue Herausforderung anzunehmen. Schließlich hätten sonst etliche sehbeeinträchtigte Fans das Spiel nicht komplett verfolgen können.
Am Spieltag selber war es dann schon aufregend mit der personalisierten Arbeitskarte Zutritt zur Mixed Zone zu bekommen und das Spiel von der Pressetribüne aus zu verfolgen. Ich bin extra schon 2 Stunden vor Spielbeginn vor Ort gewesen, um die ganze Atmosphäre auf mich wirken zu lassen. Das Spiel an sich lief dann sehr unaufgeregt. Da entwickelt man dann so eine Art Tunnelblick und man versucht seine Aufgabe so gut es geht zu lösen.

B.net: Wie kam es zu deinem ersten Einsatz in einem Bundesliga-Stadion und wird es zukünftig weitere Auftritte deiner Stimme geben?

Marius: Das Angebot der Spielbeschreibung im Eintracht-Stadion gibt es schon seit einigen Jahren. Im Regelfall übernehmen meine geschätzten Kollegen Paul und Jochen die Aufgabe. Beide machen das sehr souverän, da sie an Auswärts-Wochenenden des BTSV die Heimspiele des VfL Wolfsburg kommentieren. Leider waren beide aus verschiedenen Gründen verhindert. Kristian fragte mich dann, ob ich mir das vorstellen könnte. Und da hab ich ja dann zugestimmt.
Ob ich es bei jedem Heimspiel machen könnte, habe ich mir noch nie überlegt, wenn meine Hilfe aber erneut gefragt ist, würde ich es auf jeden Fall wieder tun.

B.net: Gab es im Vergleich zum Blindenfußball andere Herausforderungen an dich als Spielbeschreiber?

Marius: Auf jeden Fall. Beim Fußball der Nicht-Sehbehinderten wird oft ein sehr geduldiger Spielaufbau betrieben, bei dem der Ball auch schon mal 2-3 Minuten durch die Abwehrreihen läuft. Dabei als Spielbeschreiber nicht einschläfernd zu wirken – auch wenn es vom Platz genau so rüberschwappt – ist für mich schon ungewohnt gewesen.

B.net: Im Blindenfußball wird oft eine nüchterne, spielsituationen bezogene Sprechweise gefordert. Konntest du bei deinem Lieblingsklub im Stadion mehr Emotionen walten lassen oder gab die Niederlage der Eintracht gegen den SC Freiburg das leider nicht her?

Marius: In der DBFL hatte ich bisher nie das Problem, ein Spiel objektiv zu beschreiben. Das ist bei einem Heimspiel meiner Löwen schon schwieriger. Wenn man, wie ich, ins Stadion geht, um auch schon mal ein paar Emotionen raus zu lassen, kann es auch mal sein, dass man dem Schiedsrichter gegenüber lauter wird und bei jeder Fehlentscheidung lauthals aufspringt. Als Spielbeschreiber muss man aber ruhig bleiben und die Situation auf dem Platz erst mal erklären. Da bleibt dann keine Zeit mehr, sich aufzuregen. Mann muss das Spiel eher so nüchtern wie möglich, wiederum aber nicht zu emotionslos beschreiben. Und wenn man sich dann doch mal kurz aufregt oder für einen bestimmten Spielzug freut, ist das aber sicherlich auch nicht weiter schlimm.

B.net: Wir waren ja nicht dabei, aber musstest du ab und zu gedanklich Parallelen zum Blindenfußball ziehen oder hast du sogar vor deinen blinden und sehbehinderten Zuhörern mal einen Vergleich zum rasselnden Leder gezogen?

Marius: Ich hatte mich vor Beginn des Spieles bei meinen Zuhörern kurz vorgestellt und auch von meinen Spielbeschreibererfahrungen in der DBFL erzählt.
Eben diese Erfahrung hat mir in der Tat auch geholfen, schnell die Namen, Nummern, Positionen, Laufwege und Spielweisen der Gästespieler auswendig zu lernen. Parallelen zur Spielweise im Blindenfußball habe ich, soweit ich mich erinnern kann, nicht ausgesprochen. Aber im Kopf hab ich mir schon öfters gedacht, wie langsam so ein Fußballspiel eigentlich abläuft, wenn es nicht von Blinden und Sehbehinderten gespielt wird. Auch die Technik ist nicht immer so entscheidend, im Vergleich zur DBFL.

B.net: Danke, Marius, für diese interessanten Einblicke. Wir wünschen dir weiter viel Spaß beim Kommentieren, egal ob auf den Blindenfußballplätzen der Republik oder im Eintracht-Stadion.