Mit der neu gegründeten Blindenfußball-Trainingsgruppe in Bremen gibt es wieder einen neuen Standort in Deutschland, an dem das rasselnde Leder rollt. Mit Werder Bremen hat diese neue Gruppe einen Bundesligisten als prominenten Verein als Unterstützer gefunden. Blindenfussball.net führte ein Interview mit Michael Arends von Werder Bremen, der diese Gruppe initiiert hat und das Training leitet. Er gibt darin Auskunft, wie die Gruppe zu Stande kam, was für Spieler mittrainieren und wie die weitere Entwicklung des Blindenfußballs an der Weser aussehen soll.Heute erscheint Teil 1 dieses ausführlichen Interviews. Teil 2 folgt am 31.08.2012.
Blindenfussball.net:
Herr Arends, können Sie sich bitte zu Beginn kurz vorstellen?
Michael Arends:
Moin Moin aus Bremen,
ich bin 27 Jahre alt und bin in Rüsselsheim bei Frankfurt a. M. aufgewachsen. Vor zwei Jahren bin ich für ein Praktikum im Rahmen meines Sportstudiums nach Bremen gekommen. Ein halbes Jahr lang habe ich im Sozialmanagement bei Werder Bremen auf der Geschäftsstelle arbeiten dürfen, bis mich die Verantwortlichen des Vereins gefragt haben, ob ich mir vorstellen könnte, eine neue Stelle in der Abteilung zu besetzen. Seit dem darf ich mich als Teil der Werder-Familie fühlen und beschäftige mich im Rahmen des sozialen Engagements beim SV Werder mit den Themen Integration und Inklusion. Seitdem ich 7 Jahre alt bin, spiele ich Fußball. Zurzeit bin ich beim SV Werder in der dritten Mannschaft aktiv und versuche, neben der Arbeit den Sport nicht zu vernachlässigen.
Blifu.net:
Welche Aufgaben haben Sie beim SV Werder Bremen?
Arends:
Ich arbeite im sogenannten CSR-Management des SV Werder Bremen (ehemals Sozialmanagement) und beschäftige mich hier mit den Themen Integration und Inklusion. Als ich die Arbeit vor knapp einem Jahr aufgenommen habe, waren nur sehr wenige Menschen mit Handicap beim SV Werder Bremen aktiv und haben Sport getrieben. Vereinzelt gab es Menschen mit Handicap die beispielsweise in der Leichtathletikabteilung aktiv waren. Die Anzahl war jedoch überschaubar.
Ich machte mir also Gedanken, inwieweit der SV Werder helfen kann, Menschen mit einem Handicap zu integrieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihren Interessen nachzukommen.
Zuerst habe ich damit begonnen, in vier Förderschulen eine Ballschule-AG anzubieten. Darüber hinaus hat sich bspw. eine Fußballtrainingsgruppe für geistig und körperlich behinderte Kids entwickelt, die einmal die Woche am Weser-Stadion trainiert und an Wochenenden Freundschaftsspiele austrägt. Den Großteil meiner Arbeitszeit verbringe ich auf dem Sportplatz bzw. in der Sporthalle.
Blifu.net:
Wie sind Sie persönlich auf den Blindenfußball aufmerksam geworden und woher haben Sie Ihr Wissen darüber erworben?
Arends:
Der Blindenfußball war mir schon lange ein Begriff, obwohl ich selbst nie live dabei gewesen bin. Nachdem ich mich an das Förderzentrum für Sehen und visuelle Wahrnehmung der Georg-Droste Schule in Bremen gewendet habe um dort die Ballschule-AG anzubieten, sind bereits die ersten Überlegungen gereift, eine Trainingsgruppe auf dem Gelände des SV Werder Bremen aufzubauen.
Um mehr über den Blindenfußball zu erfahren und die Besonderheiten kennenzulernen, habe ich mich zuerst im Internet auf unterschiedlichen Seiten informiert. In einem zweiten Schritt habe ich Kontakt zu Wolf Schmidt vom FC St. Pauli aufgenommen, der mich zu einem Training in Hamburg eingeladen hat und mir hilfreiche Tipps geben konnte.
Blifu.net:
Was war der Stein des Anstoßes zur Gründung der Blindenfußballgruppe in Bremen? Wie war die bisherige Entwicklung des Blindenfußballs in der Hansestadt?
Arends:
Da wir nicht wussten, inwieweit sich das Training in Bremen wirklich realisieren lässt, ob es Interessenten gibt, habe ich wie eben erwähnt den direkten Draht zu Wolf Schmidt gesucht, um seine Eindrücke und Vorschläge einzuholen. Des Weiteren gibt es einen sehr engen Draht zur Schulleitung und den Lehrkräften des Förderzentrums in Bremen, die beim Aufbau der Gruppe tatkräftig Hilfe leisten und mitwirken.
Angefangen hat es mit einem Elternabend für alle interessierten Eltern. Anschließend konnte ein erster Termin für ein Schnuppertraining gefunden werden und schon ging es los. Mittlerweile spricht sich das Training in der Schule herum und immer mehr Kinder wollen daran teilnehmen. Jeden Montag werden die Kids von einem Bus des SV Werder abgeholt und zum Trainingsgelände gefahren.
Als nächstes möchten wir versuchen, ein gemeinsames Treffen mit den Kids aus Hamburg zu organisieren.
Blifu.net:
Woher stammen die aktuellen Spieler der Trainingsgruppe und wie haben Sie diese gefunden? Wie alt sind diese und liegen ggf. weitere Einschränkungen bei diesen vor?
Arends:
Die große Herausforderung im Aufbau der Gruppe lag darin, dass der Großteil der Kids, die im Förderzentrum zur Schule gehen, nicht aus Bremen sind, sie also weite Strecken hinter sich bringen. Alle Kids, die am Training teilnehmen, gehen in Bremen zur Schule und fahren im Anschluss an den Schulunterricht am Montag zum Training ans Weser-Stadion.
Wir haben ein Mädchen dabei, das komplett blind ist. Wir haben aber auch Kids dabei, die ganz gut sehen, für die es eine größere Herausforderung ist, unter der Blindenbrille Fußball zu spielen. Einige der Kids sind nicht nur in ihrer visuellen Wahrnehmung eingeschränkt, sondern haben auch weitere körperliche und geistige Handicaps. Jedem Kind gerecht zu werden, ist nicht immer einfach, aber die regelmäßige Teilnahme am Training zeigt, mit welcher Begeisterung die Kids Fußball spielen. Unsere jüngsten Fußballer sind 7 Jahre alt. Unser Ältester ist bereits 16 Jahre alt.
… Teil 2 folgt am 01.09.2012 …
Kontaktdaten:
Sport-Verein „Werder“ von 1899 e.V.
Michael Arends
CSR-Management
Lebenslang aktiv
Telefon: +49 (421) 43 45 9 4430
Telefax: +49 (421) 43 45 9 4090
E-Mail: michael.arends@werder.de
Blinde Menschen können doch kein Fussball spielen, allgemein ist Sport von Menschen wenn sie ein Handicap haben uninteressant, langweilig und niemals mit dem Hochleistungssport gesunder Menschen zu vergleichen. <— Das habe ich so ähnlich mal gedacht, bevor ich mich im letzten Jahr mal vernünftig informiert hatte. Großen Respekt für eine solche Leistung.