Die europäische Blindenfußballgemeinde kann ein neues Land in ihrem Kreis willkommen heißen. Auch Rumänien hat den Sport für sehbehinderte und blinde Menschen entdeckt. Seit 2011 wurden die Medien in Rumänien auf diese Sportart aufmerksam und nun sollen mit der ersten nationalen Meisterschaft und der Gründung eines Nationalteams die ersten Schritte auf die internationale Bühne gemacht werden.
In einem Land, in dem Statussymbole noch durch Geld und Güter erschaffen werden, wo Menschen sich vor nicht alltäglichen Sachen fürchten, sind blinde Menschen sehr zurückhaltend. Frau Sally-Wood Lamont, Präsidentin des National Paralympic Committees in Rumänien, spricht in einem Artikel auf Irreporter.ro über ein „sehr altes Problem“ in diesem Land. „Die Eltern der behinderten Kinder schämen sich ein behindertes Kind zu haben, weswegen sie sehr oft auf die Integration des Kindes durch Sport oder Freizeitaktivitäten verzichten. Dieses Problem führt dazu, dass junge Talente auf der Strecke bleiben.“ Sport vor allem sei „einer der wichtigsten Bausteine für eine erfolgreiche Integration“, so Frau Sally-Wood Lamont auf Irreporter.ro.
Um diesem Problem zu begegnen, wurde ein Projekt entwickelt, das mehr behinderte Menschen zum Sport bewegen soll. Dabei werden in der zweiten Jahreshälfte 2013 neue Geldmittel in die Etablierung und die Entwicklung mehrerer Behindertensportarten investiert. Das Project namens „Pierre de Coubertin – Prin sport vom fi egali“, was so viel heißt wie „durch Sport werden wir gleich sein“, wurde vom NPC und dem Minister für Sport und Jugend initiiert.
Nachdem die Medien in den vergangenen zwei Jahren den Blindenfußball in Rumänien bekannt gemacht haben, wurde im Juli dieses Jahres der erste Lehrgang organisiert. In Cluj-Napoca, in der Blinden- und Sehbehinderten Schule „Liceul special pentru deficienti de vedere Cluj-Napoca“, rollte erstmals das rasselnde Leder. Laut NPC war das Ziel dieses Lehrgangs, drei bis vier Mannschaften zu bilden, um jetzt im November schon die erste Meisterschaft starten zu lassen. Außerdem sollte Ausschau nach tallentierten Spielern gehalten werden, um eine Nationalmannschaft zu gründen. Der Lehrgang begann am 17. Juli und endete am 20. Juli. Spieler aus vier Städten waren dabei vertreten: Cluj, Bacau, Buzau und Bucuresti. „Futsal pentru nevazatori“, wie die Rumänen zu Blindenfußball sagen, sollte durch diesen Startschuss für Blinde eine Attraktion werden. Am Ende wurden mit Bucuresti, Bacau und Buzau/Cluj drei Mannschaften gebildet,
die an diesem Wochenende bei der ersten nationalen Meisterschaft gegeneinander antreten.
Mit rund 21 Millionen Einwohnern stellt Rumänien die zehntgrößte Bevölkerung Europas. Rein statistisch betrachtet sollte der Blindenfußball daher problemlos Fuß fassen und auch ein Nationalteam gebildet werden können. Länder wie Tschechien oder Ungarn, deren Bevölkerungszahlen nur halb so groß sind, machen seit wenigen Jahren vor, wie der Sport kontinuierlich entwickelt wird. Griechenland, mit ebenfalls 10 Millionen Einwohnern, spielt sogar seit Beginn der Geschichte des europäischen Blindenfußballs bei allen internationalen Meisterschaften mit und belegte beispielsweise 2009 den vierten Rang bei der Europameisterschaft in Frankreich.
Welche Rolle Rumänien zukünftig auf der internationalen Bühne einnehmen wird, werden wir gespannt verfolgen. Bundestrainer Ulrich Pfisterer wird in seiner Funktion als Chairman des IBSA Football Subcommittees nach Cluj fliegen und live vor Ort den aktuellen Status des rumänischen Blindenfußballs verfolgen.
(Autor: Adriani Botez, Spieler der SF Blau-Gelb Marburg und selbst Rumäne)