B.Net fragt nach: Interview mit Bayram Dogan

Heute steht uns Bayram Dogan, Spieler und Organisator des VfB 09/13 Gelsenkirchen, in unserer Interviewreihe Rede und Antwort.
Blindenfußball in Gelsenkirchen ist unmittelbar mit dem Namen Bayram Dogan verbunden. Der 39-Jährige schnürte in der Premierensaison der DBFL 2008 noch für das Team Rhein/Ruhr die Fußballschuhe. Doch nach dem Saisonende engagierte sich Dogan für die Etablierung eines Blindenfußballteams innerhalb eines regulären Fußballvereins. Beim VfB 09/13 Gelsenkirchen wurde  er fündig und baute eine eigene Abteilung auf. Inzwischen existiert beim VfB Gelsenkirchen ein eigenes Blindenfußballspielfeld und die Mannschaft geht 2013 in ihre fünfte Spielzeit.

B.Net: Der VfB Gelsenkirchen konnte sich zur neuen Saison 2013 die Dienste des Brüderpaars Koparan sichern. Cengiz und Hasan verließen zum Jahresende 2012 den PSV Köln und die Gelsenkirchener zögerten nicht lange und holten die erfahrenen Kicker in ihre Reihen.
Bayram, als Teamchef des VfB warst du maßgeblich an diesem Doppeltransfer beteiligt. Sind Cengiz und Hasan zwei absolute Wunschspieler und was waren die ausschlaggebenden Argumente, dass sie euch zugesagt haben?

Bayram Dogan: Ja, das waren absolute Wunschspieler. Beide sind aus meiner Sicht sehr komplette Spieler und für uns eine Bereicherung. Hasan hatte schon mal bei uns gespielt und er passt super in unsere Truppe. Auch Cengiz ist uns nicht unbekannt, da viele von uns ihn vom Torball und auch vom Fußball kennen. Er ist uns immer als ein sehr fairer Sportler und auch außerhalb des Platzes sehr angenehm aufgefallen.

B.Net: Mit nur zwei geschossenen Toren stellte der VfB in der abgelaufenen Spielzeit die schwächste Offensive der Liga. Sowohl Hasan als auch Cengiz sind auf dem Spielfeld tendenziell eher vorne einzuordnen. Wisst ihr schon, wen ihr als Stoßstürmer einsetzen werdet oder wird es eine Zweierangriffsreihe Dogan-Koparan geben?

Bayram: Das wird sich beim Training noch herausstellen.

B.Net: Bei vielen Teams gibt es neben Neuzugängen durch Wechsel auch neue Spieler, die sich im Laufe der Zeit gefunden haben. Gibt es beim VfB 09/13 neue Spieler, die erstmals für Euch spielen oder gibt es Sportler, die nicht mehr mitmachen?

Bayram: Ja, wir haben einen neuen Spieler, der schon länger bei uns trainiert. Er heißt Cengiz Karakas, ist 16 Jahre alt und wird voraussichtlich seine erste Saison spielen.

B.Net: Mit Daniel Soldanski habt ihr den „Keeper der Saison 2012“ in euren Reihen. Für einen Torwart ist es im Blindenfußball manchmal schwierig die Motivation aufrecht zu erhalten. Dies dürfte insbesondere der Fall sein, wenn man im Tabellenkeller feststeckt. Inwieweit pusht euch Daniels gute Leistung bei Spielen und wie wird es sein, wenn er durch eine offensivere Ausrichtung womöglich mehr Ruhepausen im Spielverlauf bekommt und so durch präzise Abwürfe den ein oder anderen Angriff selbst mit einleiten kann?

Bayram: Die Leistung von Daniel pusht uns alle enorm. Es ist schon toll, wenn er mehrere Achtmeter hält und die Null steht. So hat man die Möglichkeit, immer durch einen Konter oder Achtmeter ein Spiel umzubiegen. Zu seiner Motivation kann ich nur sagen, dass Daniel immer bei jedem Spiel extrem motiviert ist und immer alles aus sich heraus holt.

B.Net: Der VfB Gelsenkirchen verfügt seit dem vergangenen Jahr über ein eigenes Kunstrasenspielfeld. Gab es für die Saison 2013 Bemühungen einen Spieltag in den Ruhrpott zu holen?

Bayram: Nachdem wir unseren Blindenfußballplatz hatten, haben wir den Verantwortlichen mitgeteilt,  dass ab dem Zeitpunkt in Gelsenkirchen ein Ligabetrieb möglich wäre.

B.Net: Selbstverständlich auch an dich, Bayram, die obligatorische Frage nach euren Saisonerwartungen und allgemeinen Zielen innerhalb eures Vereins.

Bayram: Das primäre Ziel ist es, erst einmal aus dem Tabellenkeller raus zu kommen. Und wenn alles gut geht, kann aus meiner Sicht sogar Platz 4 oder 5 klappen. Ein weiteres mittelfristiges Ziel von mir persönlich ist es, die Jugend im Gelsenkirchener Blindenfußball mehr zu fördern.

B.Net: Nun noch eine Frage speziell zu Dir: 2007 gehörtest du zur ersten Nationalmannschaftsauswahl, die Deutschland bei einer EM vertrat. In der Folgezeit zogst du dich aus privaten Gründen aus dem Nationalkader zurück. 2013 steht wieder eine Europameisterschaft an. Der Nationalkader hat sich seit deinem Abgang enorm verändert, aber aus der Liga kennst du die Spieler gut. Wie schätzt du die Stärke der Nationalmannschaft für die anstehende Europameisterschaft ein?

Bayram: Dies kann ich im Moment schwer beurteilen. Ich finde es gut, dass jetzt Alican und Robert dabei sind und drücke die Daumen für ein gutes Zusammenspiel mit den anderen Nationalspielern. Über die neuesten Entwicklungen der Nationalmannschaften anderer Länder bin ich nicht so gut informiert, so dass ich keine Prognose abgeben kann.

B.Net: In den letzten Jahren ist der Blindenfußball immer schneller geworden. Neben Sprints führen einige Spieler im Höchsttempo den Ball über das Feld. Immer wieder kommt es vor, dass durch diese Geschwindigkeit Fouls durch zu spätes „Voy“ von Verteidigern passieren. Einige Spieler hat dies schon abgeschreckt. Meinst Du, dass die Voy-Regel zu lasch gehandhabt wird, immerhin weist das Regelwerk einen Rufabstand von drei Metern aus. Stellenweise wird voy erst bei Kontakt mit dem Ballführenden oder gar nicht gerufen. Sollte hier mehr an die Schiedsrichter appelliert werden, um unnötigen Verletzungen vorzubeugen? Oder gehst du damit konform, dass dies normal ist und locker gehandhabt werden kann?

Bayram: Ich denke, dass die Schiedsrichter in der letzten Saison einen Riesenschritt nach vorn gemacht haben und immer besser werden. Was die Voy-Regelung angeht, halte ich sie schon wie sie jetzt ist für okay. Man muss auch an die neuen Spieler denken und Ihnen eine Chance geben. Wenn noch öfter gepfiffen wird, kann das auch neue Spieler demotivieren.

B.Net: Im Liga-Ausschuss wurde vor Jahren schon einmal darüber gesprochen, dass der Meister des Jahres auf jeden Fall einen Spieltag in der Folgesaison erhalten sollte; vielleicht sogar den Eröffnungsspieltag. Was hältst Du von dieser Idee, sollte man diese weiter verfolgen?

Bayram: Diese Idee halte ich für nicht so gut. Ich finde, dass Blindenfußball überall die gleiche öffentliche Aufmerksamkeit bekommen sollte, damit der Sport noch bekannter wird und wir dann noch mehr Aktive gewinnen können.

B.Net: Vielen Dank, Bayram, für die Einblicke in euren Verein und für deine persönlichen Einschätzungen. Blindenfussball.net wünscht dir und deinem Team viel Erfolg für die anstehende Saison und die weitere Entwicklung des Blindenfußballs in Gelsenkirchen.