B.net fragt nach: PSV Köln im Interview

Ihre erste DBFL-
Saison schlossen die Kicker des PSV Köln 2009 überraschend als Vizemeister ab. Im Folgejahr pausierten die Rheinländer und verteilten sich teilweise auf andere Mannschaften. Nach einer nicht ganz so starken Spielzeit 2011 landeten die Mannen von Trainer Dieter Wolf 2012 wieder auf einem guten dritten Platz in der Endtabelle. 2013 werden einige neue, aber auch bekannte Spieler das Kölner Trikot tragen.

B.net: In der Saison 2013 geht der PSV gemeinsam mit den Kickern aus Düren an den Ligastart. Wie kam es zu der Spielgemeinschaft mit Düren?

Dieter Wolf (Trainer): Bereits vor der Saison 2011 hatte es Kontakte zum BFW in Düren gegeben. Es gab einige gemeinsame Trainingseinheiten und die Planung war auch schon 2011 darauf ausgelegt, mit einem gemeinsamen Team an den Start zu gehen. Leider hat die Kooperation 2011 dann doch nicht geklappt und so nehmen wir 2013 einen neuen Anlauf. Zwei Spieler aus Düren, die bisher noch keine Bundesligaluft geschnuppert haben, werden 2013 das Team verstärken und so gehen wir in die Saison 2013 als Spielgemeinschaft aus Köln und Düren.
Wir sehen es als Chance, neue Spieler an den Blindenfussball heranzuführen.

B.net: Vom Thema „Nachwuchs“ ist Hermann Petrick sehr begeistert. Dabei könnten einige der jungen Nachwuchsspieler seine Enkel sein. Sein Engagement beim VfB Gelsenkirchen dürfte allen Blindenfußballfans noch in guter Erinnerung sein. Hermann, du bist neu in Köln – wie kam es dazu?

Hermann Pettrick: Ich bin ein neuer Spieler für das Kölner Team. Mit meinen 63 Jahren bin ich der älteste Spieler in der Bundesliga, aber ich fühle mich noch nicht zum „Alten Eisen“ gehörend, ganz im Gegenteil! Und ich werde zeigen, dass sich die Kölner den Richtigen geangelt haben!
Bis Mitte 2011 hatte ich für den VfB Gelsenkirchen gespielt und dann sind Dinge passiert und vorgefallen, die einen anderen Spieler und mich zu dem Entschluss kommen ließen, dass wir für Gelsenkirchen nicht mehr unsere Schuhe schnüren. Als ich dann im Oktober 2012 von den Kölnern angesprochen wurde, für sie zu spielen, da brauchte ich nicht lange überlegen und ich sagte sofort zu. Ich kannte die meisten Spieler schon vorher ganz gut und wusste wo ich lande, nämlich in einem von einem hervorragenden Trainer geführten Team; alle super tolle Teamplayer und dem entsprechenden Teamgeist! Ich kann endlich wieder sagen: Ich geh mit Spaß und Freude zum Training und freu mich auf die bald beginnende Saison 2013.

B.net: Mustafa Ilhan gehört zu den Gründungsmitgliedern des PSV. Mustafa, was habt ihr euch für die kommende Spielzeit vorgenommen? Immerhin startet ihr als Nr. 3 der letzten Saison?

Mustafa Ilhan: Natürlich wäre es schön, wieder den dritten oder einen besseren Platz zu erreichen. Zurzeit ist es allerdings noch zu früh, hierüber eine Prognose abzugeben. Der Ball ist rund, man weiß nie, wo er hin rollt.

B.net: Wie beurteilt ihr die Fairness auf dem Feld in der DBFL? Und speziell auch neben dem Feld?

Hermann: Es sollte für jedes Team und jeden Spieler oberstes Gebot und ganz normal sein, sich gegenüber den Gegnern, Schiedsrichtern und allen anderen fair und anständig zu verhalten – umgekehrt natürlich auch. Ich hoffe, dass alle Beteiligten dies beherzigen und umsetzen!

Mustafa: Es ist schwierig, das zu beurteilen, wenn man nichts sieht. Wenn man hört, was die Spielkommentatoren sagen, gibt es – wie im „normalen“ Fußball auch – manchmal Fehlentscheidungen. Dadurch, dass das Spiel oft sehr schnell abläuft, kann ich mir vorstellen, dass es sehr schwer ist, immer sofort eine richtige Entscheidung zu treffen.

B.net: In den letzten Jahren ist der Blindenfußball immer schneller geworden. Neben Sprints führen einige Spieler im Höchsttempo den Ball über das Feld. Immer wieder kommt es vor, dass durch diese Geschwindigkeit Fouls durch zu spätes Voy von Verteidigern passieren. Einige Spieler hat dies schon abgeschreckt. Meinst Du, dass die Voy-Regel zu lasch gehandhabt wird, immerhin weist das Regelwerk einen Rufabstand von drei Metern aus. Stellenweise wird voy erst bei Kontakt mit dem Ballführenden oder gar nicht gerufen. Sollte hier mehr an die Schiedsrichter apeliert werden, um unnötigen Verletzungen auch vorzubeugen? Oder gehst du damit konform, dass dies normal ist und locker gehandhabt werden kann?

Mustafa: Ich denke jeder von uns Spielern wird im Eifer des Gefechts schon mal ein Voy vergessen haben. Man muss auch bedenken, dass wir uns extrem gut konzentrieren müssen und sehr viele Reize auf einmal bekommen. Nichtsdestotrotz müssen die Regeln von den Spielern eingehalten werden und durch die Schiedsrichter bei Nicht-Beachtung geahndet werden, um unnötige Verletzungen zu vermeiden.
Eventuell würden Videoaufnahmen von dem Spiel hier weiter helfen, um für die Zukunft besser entscheiden zu können.

Hermann: Das zu spät oder gar nicht gesagte Voy hat nichts damit zu tun, dass der Blindenfußball schneller geworden ist, sondern da sind die Spieler in der Pflicht, das Voy so zu verinnerlichen, wenn sie zum Ball beziehungsweise zum Gegenspieler laufen.
Hier sind meiner Meinung nach die Trainer gefragt, in dem sie das Voy zum festen Bestandteil des Trainings machen. Wird das im Training zu lasch gehandhabt, setzt sich dieses in den Spielen fort. Im Training schon entsprechende Strafen verhängen, z. B. 15 Liegestütze für ein zu spätes oder gar nicht gesagtes Voy, wird sich vermutlich positiv für die Ligaspiele auswirken. Die Schiedsrichter gehen hiermit ziemlich korrekt um. Worauf sie allerdings auch genau achten und dann auch bestrafen sollten ist, dass es den ein oder anderen Spieler gibt, der sich mit übertriebenem Einsatz seiner Arme und Hände im Zweikampf einen Vorteil zu verschaffen versucht. Dies hat mit Fußball nichts zu tun, da sind diese Spieler beim Boxen, Catchen und Ringen besser aufgehoben.

B.net: Eine Frage zur Zukunft im Blindenfußball und der Entwicklung: wie seht ihr die derzeitige Entwicklung im Blindenfußball mit Städtespieltagen, die Wirkung in der Öffentlichkeit, das Ziel der Neugewinnung von Spielern und wie siehst du die Zukunft im Hinblick darauf, dass eigentlich 2013 das Engagement der Sepp-Herberger-Stiftung ausläuft?

Hermann: Ich bin der Meinung, dass der Blindenfußball in der Öffentlichkeit nach wie vor ziemlich unbekannt ist. Hier könnte und sollte man noch viel mehr Werbung im Fernsehen, Radio sowie in der Presse betreiben. Da sollte die Sepp Herberger Stiftung ganz gezielt ansetzen. Man könnte auch bei Spielen der 1. und 2. Bundesliga in der Halbzeitpause Blindenfußball vorführen. Auch sollte man versuchen, den DFB mit ins Boot zu holen: vielleicht wäre eine Patenschaft der Klubs aus der ersten und zweiten Liga mit ein wenig finanzieller Unterstützung denkbar.
Es ist schwierig für die meisten Teams an Nachwuchsspieler zu kommen. Allerdings sollten die wenigen, die sich finden, auch nicht abgewiesen werden, weil man sich nur beim Training mit den Bundesligaspielern beschäftigt. Dass das aber hervorragend funktionieren kann, sowohl junge als auch erfahrene Spieler zu trainieren, zeigen die Essener Blindsoccers des Franz Sales Haus. Die Verantwortlichen aller Vereine und natürlich auch jeder einzelne Spieler sollten stets „Augen“ und Ohren offen halten und immer wieder an entsprechende Schulen und Einrichtungen herantreten, um an neue Spieler zu kommen. Also immer am Ball bleiben, dann wird sich auf Dauer auch Erfolg einstellen.

Mustafa: Auf der einen Seite finde ich die Städtespieltage gut, damit der Blindenfußball der allgemeinen Bevölkerung nähergebracht wird, auch im Hinblick auf weitere Sponsoren oder Spieler.
Auf der anderen Seite ist es schwer, ein gutes Fußballspiel auf einem „provisorischen“ Feld zu führen. Denn in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass es für die Spieler sehr gefährlich werden kann, wenn der eigentliche Untergrund beispielsweise aus Kopfsteinpflaster besteht und nur durch einen Kunstrasen überdeckt wird. Die Sicherheit der Spieler sollte immer vorgehen!
Wir sind der Sepp Herberger Stiftung sehr dankbar, dass uns die finanziellen Mittel für die Bundesliga bisher zur Verfügung gestellt wurden. Wir würden uns freuen, wenn die Sepp Herberger Stiftung den Blindenfussball auch in Zukunft unterstützen würde.

B.net: Im Liga-Ausschuss wurde vor Jahren schon einmal darüber gesprochen, dass der Meister des Jahres auf jeden Fall einen Spieltag in der Folgesaison erhalten sollte; vielleicht sogar den Eröffnungsspieltag. Was haltet ihr von dieser Idee, sollte man diese weiter verfolgen?

Mustafa: Wenn es um den Eröffnungsspieltag geht, so fände ich das nicht fair, falls mehrere Jahre die gleiche Mannschaft gewinnt. Wenn dies der Fall wäre, fände ich es besser, wenn auch andere Mannschaften mal den Eröffnungsspieltag in ihrer Stadt abhalten könnten. Aber ich fände es gut, wenn die Mannschaft mit dem Meistertitel einen anderen der Spieltage in ihrer Stadt bekommt. Vielleicht kann man den Eröffnungsspieltag jedes Jahr in einer anderen Stadt der Spielmannschaften durchführen.

Hermann: Ich wäre dafür, dass der Deutsche Meister in der darauffolgenden Saison den 1. Spieltag ausrichtet.

B.net: Eine abschließende Frage: wo siehst du Dein Team am Saisonende in der Tabelle?

Hermann: In der letzten Saison Platz 3, das wäre für 2013 natürlich super. Welchen Rang wir dann genau belegen, wird sich zeigen, nur Ziele sollte man schon haben, denn sonst braucht man gar nicht erst antreten.
Wir werden von Spiel zu Spiel denken und ganz wichtig ist, dass man erfolgreich startet. Wir haben in unserem ersten Spiel direkt einen dicken Brocken, aber Bangemachen ist nicht unser Ding. Wir werden mit Leidenschaft und unbedingten Siegeswillen und mit der alten Fußballer-Weisheit „Einer für alle, alle für einen“ die Spiele bestreiten und unser Trainer wird uns auch hervorragend motivieren und einstellen.

Mustafa: Das Team des PSV Köln hat immer das Ziel erreicht, das wir uns vorgenommen hatten. Auch diese Saison wollen wir einen bestimmten Platz in der Blindenfußballtabelle erzielen. Aber wo meine Mannschaft am Saisonende in der Tabelle stehen wird, dazu kann ich derzeit keine Prognose abgeben. Wir lassen uns einfach mal überraschen.

B.net: Vielen Dank an euch drei für ein abwechslungsreiches Interview, die Einblicke in euer Team und eure Einschätzungen den Blindenfußball betreffend. Wir wünschen euch auf jeden Fall einen guten Start in die Saison 2013 und ein sportlich erfolgreiches Jahr zusammen mit euren neuen Dürener Teamkollegen.