Freiwillig blind

Wie in unserer Artikelreihe in den letzten Wochen bereits angekündigt, fand bei der diesjährigen Hallen-Trophy in Kaiserslautern erstmals ein Experiment mit „besser sehenden“ Spielern statt. Es sollte probiert werden, ob sich Sportler mit einer höheren Sehkraft als in den Kategorien B1 bis B3, die wir zukünftig als B3Plus-Spieler bezeichnen werden, in das Spiel integrieren lassen.


Ziel dieses Experiment sollte sein durch die Möglichkeit der Öffnung des Sports für „sehbehinderte oder sehende Spieler“ den Blindenfußball in der Breite noch besser aufzustellen und neben der Verzahnung von sehenden und sehbehinderten Sportlern auch die Personalengpässe bei den Teams zu schmälern.
Da es im Blindenfußball bislang hierzu keinerlei Erfahrung gab, sollte die zurückliegende Hallentrophy dafür genutzt werden, um weiter über dieses thema nachdenken zu können und durch „Feldarbeit“ Erkenntnisse zu erlangen.

Blindenfussball.net hat die B3Plus-Öffnung in einem dreiteiligen Artikel ausführlichst diskutiert, möchte es aber nicht versäumen einen O-Ton eines Teilnehmers zu präsentieren.

Niclas Schubert, eigentlich Torwart der Sportfreunde Blau-Gelb Marburg, nahm in der Testkategorie B3Plus an der diesjährigen Hallentrophy teil und hat sich bereiterklärt ein Statement für uns zu schreiben.

B.net: Hallo Niclas, zunächst herzlichen Dank für dein Statement und die Bereitschaft etwas über diese „neue Erfahrung“ für die Besucher der Website zu schreiben. Bitte schildere doch einmal wie es dir erging und was du zu der ganzen Sache meinst.

Niclas: Es ist nicht das erste Mal, dass ich blind an einer Sportart aktiv teilgenommen habe. Ich habe eine Zeit lang als Nichtblinder Goalball in Marburg gespielt, was jedoch auf Grund meiner Knieverletzung nicht mehr möglich war. Außerdem habe ich bereits im Training und bei Demonstrationsspielen als „Blinder“ mitgespielt. Daher ist mir das Turnier in Kaiserslautern nicht ganz so schwer gefallen. Es war eine sehr spannende Erfahrung den Blindenfussball aus einer anderen Perspektive betrachten zu können. Normalerweise bin ich ja als Torwart einer von denen, die den Jungs auf dem Platz sagen wo es lang geht und was gerade abgeht. Diesmal bin ich in die Rolle des Spielers geschlüpft. Gerade beim Aufwärmen auf dem separaten Platz war es doch sehr ungewohnt und ich habe mich relativ ängstlich bewegt. Ali Pektas hat mich beim Warmlaufen zu Beginn geführt, was mir auch sehr geholfen hat. Auf Grund der Verletzung von Thomas Horn, die er sich beim Warmlaufen zugezogen hatte, musste ich im ersten Spiel gegen Dortmund/Berlin gleich komplett durchspielen. Eine große Aufgabe als Frischling.
Auf dem Feld war die Unsicherheit und Nervosität auch bald verflogen und ich habe versucht, so gut es ging, mich in das Spiel einzubringen. Auf Grund dessen, dass ich auf der Seite spielen durfte, auf der unser Trainer Herr Gößmann stand, konnte ich mich relativ gut orientieren. Wegen meinem Sehrest wurde ich auch mit 2 Eyepads auf jedem Auge abgeklebt und ich muss sagen, dass das gerade am Anfang sehr ungewohnt war, ich aber keinerlei Möglichkeit hatte, auch nur ein bisschen was zu sehen.

Es hat mir persöhnlich riesen Spaß gemacht, mich in einem Blindenfussballspiel mehr bewegen zu dürfen, als in meinen zehn Quadratmetern vor dem Tor. Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt mal im Feld zu spielen und nach der Erfahrung, die ich machen durfte, bleibt diese Idee auch weiter bestehen.

Zu dem ganzen Thema B3Plus muss ich folgendes sagen: Und zwar finde ich die Idee prinzipiell nicht schlecht auch Spieler einzusetzen, die nicht B1 bis B3 haben, allerdings Vollsehende einzusetzen, halte ich für falsch. Ich denke, dass wir letztlich mit einem Kompromiss gut fahren werden, der beinhaltet, dass Spieler bis zu einer bestimmten Sehstärke, bei mir persöhnlich sind das auf dem linken Auge etwa 10% und auf dem rechten Auge etwa 15%, als Feldspieler eingesetzt werden könnten. Den Schritt, den Goalball gemacht hat, komplett Sehende Sportler spielen zu lassen, möchte ich mit dem Blindenfussball aber nicht gehen.