Der Start der Deutschen Blindenfußball-Bundesliga (DBFL) steht kurz bevor. Am 27. Mai rasselt es auf dem olympischen Platz am Berliner Olympiastadion. Was dürfen wir von der zehnten Spielzeit erwarten? Wie sind die aktuellen Kräfteverhältnisse im deutschen Blindenfußball einzuschätzen? Wir werfen einen Blick auf alle acht in diesem Jahr startenden Teams und ihre Saisonvorbereitung.
Im ersten Teil unserer Saisonvorschau betrachten wir den amtierenden Meister aus Marburg, den FC Schalke 04, die Spielgemeinschaft PSV Köln/Teutonia Köppern und Borussia Dortmund.
SF/Blau-Gelb Marburg
Die aktuelle Situation beim Titelverteidiger lässt sich wohl am besten mit dem Wort „Umbruch“ zusammenfassen. Das Team von Coach Peter Gößmann muss sowohl den Abgang von Taime Kuttig zum BVB verkraften, als auch die Verletzung von Kapitän und Toptorjäger Ali Pektas kompensieren. Pektas ist zwar wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen, legt seinen Fokus aber auf die Nationalmannschaft, um dann bei der Europameisterschaft im August in Berlin wieder topfit zu sein.
Die Mannschaftsführung ist also gezwungen, das Team um die erfahrenen Kicker Robert Warzecha, Thomas Horn und Niclas Schubert an einigen Stellen umzubauen. Eine interessante Option hierfür wäre Katharina Kühnlein, die als erste Frau für Marburg in der neuen Saison auflaufen könnte. Kühnlein durfte bereits beim Turnier in Stuttgart für Wien und mit Marburg in Belgien erste Erfahrungen sammeln. Sie nahm zudem am IBSA-Blindenfußballworkshop der Frauen in Wien teil. Dort belegte die Marburgerin mit ihrem europäischen Mixed-Team den zweiten Rang und war die zweiterfolgreichste Torschützin des Turniers.
Hoch motiviert dürfte auch Stürmer Adriani Botez sein, der im April für die rumänische Nationalmannschaft im Einsatz war und das EM-Ticket für Berlin lösen konnte.
Auch wenn Kuttigs Abgang und Pektas Ligazurückhaltung große Herausforderungen darstellen, wird Trainer Gößmann eine schlagfertige und taktisch gut geschulte Truppe ins Rennen schicken. Der Titelverteidiger zählt zu den Favoriten auf die Meisterschaft. Mit dem fünften Titelgewinn könnten die Lahnstädter mit Dauerrivale Stuttgart in Sachen Meistertitel gleichziehen. Im Interview bei meinsportradio.de gibt Manfred Duensing weitere Einblicke in das Innenleben der Lahnstädter.
FC Schalke 04
Die Königsblauen starteten Ende März mit einem Trainingswochenende in Dühren in die heiße Saisonvorbereitung. Wie schon im vergangenen Jahr arbeiteten sie vor allem an der Abstimmung und Kompaktheit innerhalb des Teams. Des Weiteren bestritten die Knappen ein Testspiel gegen die belgische Mannschaft aus Charleroi. Am Ende musste sich Königsblau mit 2:4 geschlagen geben.
Eine Voraussage zu treffen, fällt schwer. Einerseits müssen die Schalker auf ihren langjährigen Kapitän Bayram Dogan verzichten, der wegen einer schweren Knieverletzung weiter ausfällt. Außerdem müssen sie den Abgang von Keeper Daniel Soldanski verkraften. Soldanski, der mehrfach als bester Schlussmann der Liga ausgezeichnet worden war, wendet sich künftig anderen sportlichen Herausforderungen zu. Andererseits dürften die Koparan-Brüder hoch motiviert in die Jubiläumssaison gehen. Schließlich wollen sich beide mit guten Leistungen für einen Platz im deutschen EM-Karder empfehlen.
Ein besonderer Höhepunkt dieser Saison dürfte für Schalke der zweite Spieltag in Dortmund am 10. Juni werden, wo es zum Revierderby gegen den BVB kommt. Da das Dortmunder Team diese Saison erstmalig als Borussia Dortmund aufläuft, ist es auch das erste große Derby Schalke 04 gegen den BVB im Blindenfußball. Ein Sieg in der Höhle der Löwen dürfte auf Schalke Freudentaumel auslösen und als Motivationsspritze für den Rest der Saison dienen. Wenn sie diese dann auch noch in der oberen Tabellenhelfte beenden können, wäre die königsblaue Seele erstrecht zufrieden gestellt.
SG PSV Köln/Teutonia Köppern
Die Spielgemeinschaft Köln/Köppern absolvierte in ihrer Saisonvorbereitung zwei Testspiele. Wie schon der FC Schalke 04 wählte man als Gegner die belgische Mannschaft aus Charleroi. Dieses Spiel verloren die Domstädter. Größer ist hingegen der 1:0-Testspielsieg gegen Borussia Dortmund einzuschätzen. Jonas Fuhrmann erzielte den goldenen Treffer. Ansonsten war aus Köln nicht viel zu hören. Die Rheinländer nehmen ein wenig die Rolle des schlafenden Riesen ein. Ähnlich wie in Berlin vermutet man schon seit Jahren, dass das fußballerische Potenzial und die Strahlkraft des Blindenfußballs in der rheinischen Großstadt deutlich höher ist als die in der Bundesliga eingefahrenen Ergebnisse und Platzierungen. Leider ist es bislang nicht gelungen, dies ans Tageslicht zu bringen.
Felix Amrhein sprach in seinem Saisoncheck auf meinsportradio.de mit Marcel Heim über die Herausforderungen der kommenden Spielzeit.
Borussia Dortmund
Alle Blicke richten sich in dieser Saison gespannt nach Dortmund, denn sie sorgten in der Winterpause für mächtig Furore. Zunächst war bekannt geworden, dass Dortmund ab 2017 als Borussia Dortmund aufläuft. Der gesammte Verein ISC Viktoria Dortmund-Kirchderne ist in den Verein Borussia Dortmund eingegliedert worden. Nach Schalke, St. Pauli, 1860 München und dem Chemnitzer FC ist der BVB der fünfte überregional bekannte Club, der eine Blindenfußballmannschaft stellt.
Außerdem konnten die Schwarz-Gelben gleich mehrer Transfers vermelden: zusammen mit dem Stürmer Sebastian Schäfer laufen Sven Lotter, Manuel Beck und Coach Enrico Göbel aus Würzburg und Taime Kuttig aus Marburg in dieser Saison für die Borussen auf. Die Winterpause nutzte das neuaufgestellte Team, um an der Abstimmung und am Spielfluss zu arbeiten. Hierfür führten sie Anfang des Jahres zwei Lehrgänge in Dortmund und Würzburg sowie ein Teamochenende durch.
Ein Testspiel bei schlechten Witterungsbedingungen verlor man mit 0:1 gegen die SG Köln/Köppern. Bei einem Vorbereitungsturnier in Stuttgart schlug man den Gastgeber mit 5:4 und Wien mit 6:0 und holte sich somit den Turniersieg. Als Ende April der FC St. Pauli und die Sportfreunde aus Marburg nach Dortmund zu Testspielen kamen, gelangen jedoch nur wenige Tore. Der BVB musste sich mit einem 1:1 gegen Marburg und einer 0:1 Niederlage gegen die Hamburger begnügen.
Die verbleibende Zeit bis zum Ligastart will der BVB laut eigener Aussage nutzen, um weiter an Abstimmung und Absprache zu trainieren.
Mit Kuttig, Schäfer und Altunbas haben die Dortmunder gleich drei torgefährliche Spieler in ihren Reihen. Gelingt es der Borussia bis zum Saisonstart, zu einer eingespielten Einheit zu verschmelzen, gehört sie sicherlich zu den Geheimfavoriten.
Ähnlich schätzt Teamchef und Spieler Hasan Caglikalp die eigene Herangehensweise im Gespräch mit Felix Amrhein bei meinsportradio.de ein.