Viele Tore und eine Ali Pektas-Show in Mainz

Bei perfektem Fußballwetter fand der 1. Spieltag der deutschen Blindenfußball-Bundesliga (DBFL) am 17. Mai 2014 auf dem Gutenbergplatz in Mainz statt. Fünf interessante und spannende Spiele standen auf dem Plan und sorgten dafür, dass die mehreren Tausend Zuschauer sehr viele Tore und umkämpfte Partien am Fuße des Mainzer Doms zu sehen bekamen.

Den Temperaturen entsprechend ging es sehr heiss und emotionsgeladen zu: Hasan Altunbas (ISC Dortmund) verließ mit Gelb-Rot den Platz, der Kölner Michael Wahl sah beim Verlassen des Spielfeldes nach seinem fünften persönlichen Foul sogar noch die rote Karte und wird seinem Team mindestens im nächsten Spiel fehlen.

Das erste Spiel sollte gleich ein Torfestival werden. Es standen sich der Zweite der Vorsaison, SG Blau-Gelb Blista Marburg, mit den Nationalspielern Taime Kuttig, Alican Pektas und Sebastian Schleich sowie der VSV/BFW Würzburg gegenüber. Deren Nationalspieler Enrico Göbel und Sebastian Schäfer waren jedoch nicht mit von der Partie. Das Team von der Lahn war daher der klare Favorit. Die ersten Minuten und Chancen überstanden die Franken noch schadlos, aber dann sollte sich bemerkbar machen, dass die beiden Nationalspieler auf Seiten der Lipecki-Auswahl fehlten. In der 6. Spielminute war es dann soweit: der erste Treffer der diesjährigen DBFL-Saison fiel und das Debakel für die Würzburger nahm ihren Lauf. Pektas zog mit links trocken ab und das Leder schlug im Netz ein – 1:0 für die Hessen! Nach einer weiteren Pektas-Chance, die aber am Tor von Würzburg vorbeisegelte, war es – wer wohl? – genau, Pektas, der das 2:0 für den Favoriten erzielte. Das Team von Coach Lipecki kam überhaupt nicht aus ihrer eigenen Hälfte. Nach zwei vergebenen Chancen von Kuttig machte Alican Pektas mit seinem dritten Treffer am heutigen Tage das 3:0 und auch den lupenreinen Hattrick perfekt. Dieser durfte dann eine Pause einlegen, für ihn kam Adriani Botez ins Spiel. Taime Kuttig stellte schließlich mit einem Schuss an den Außenpfosten des Bergmann-Tores sowie eines Treffers den 4:0-Halbzeitstand her.
Würzburg kam bis dahin nahezu überhaupt nicht in die hessische Hälfte. Die zweite Halbzeit begann, wie die erste aufgehört hatte – mit Offensivfußball der Marburger. Pektas hämmerte die Kugel in den Winkel – 5:0! Die Treffer sechs bis acht erzielte der überragende Pektas, bevor Taime Kuttig das 9:0 markierte. Die letzten beiden Buden gehörten ebenfalls Pektas! Er war mit neun erzielten Toren der herausragende Spieler bei diesem 11:0-Kantersieg. Damit löste er den Stuttgarter Vedat Sarikaya in der historischen Statistik ab, der 2009 im Spiel gegen den VfB Gelsenkirchen sechs Tore in einem Spiel schoss.
Der VSV kann sich bei seinem Torwart Bergmann bedanken, dass der Marburger Sieg nicht noch höher ausfiel.

Taime Kuttig beim Schuss auf das Würzburger Tor.
Taime Kuttig beim Schuss auf das Würzburger Tor.

Im zweiten Spiel des Tages trafen die Teams aus Chemnitz und St. Pauli aufeinander. In den vergangenen Jahren stand diese Partie häufig erst am letzten Spieltag auf dem Spielplan. Dieses Jahr kreuzten die beiden Teams bereits im zweiten Saisonspiel die Klingen. Es ging gleich turbulent los. Jörg Fetzer traf direkt nach dem Anstoß und fünf gespielten Sekunden zum 1:0 für die Sachsen. Dieses war das früheste jemals erzielte Tor in der DBFL-Historie. Diese versuchten, gleich nachzulegen, scheiterten aber am St. Paulianer-Torwart Sven Gronau. Der Pauli-Youngster Jonathan Tönsing, der bei einem Vorbereitungsturnier Ende April mit zwei Toren glänzte, war es, der die erste Chance für die Kiez-Kicker hatte. Seinen Schuss aufs lange Eck konnte der CFC-Keeper Wunderlich abwehren. Die Hamburger waren jetzt besser im Spiel. Neu-Nationalspieler Serdal Celebi scheiterte an Wunderlich, der sein Debüt im CFC-Kasten feierte. Michael Löffler war es, der den Bann für die Kiezkicker in der 15. Minute brach und das Leder zum 1:1-Ausgleich über die Linie drückte. Ein verdienter Ausgleich für die Truppe von Trainer Wolf Schmidt. Diese machte weiter Druck. Celebi hatte die Führung auf dem Fuß, Wunderlich hielt klasse. Es blieb beim 1:1 bis zur Halbzeitpause.
Trainer Schmidt hatte in der Pause seiner Truppe offensichtlich weiter Offensivspiel angeordnet. Diese Anordnung setzte das Team auch um. Ein Freistoß vom sehr aktiven Celebi ging an der Mauer des Teams von Trainer Michael Falb, aber auch am Gehäuse der Sachsen vorbei. Eben jener Celebi war es, der mit einer weiteren Chance am gut parierenden Wunderlich scheiterte. Eine Führung der Norddeutschen wäre zu diesem Zeitpunkt nicht unverdient gewesen. Die nächste Chance für Chemnitz hatte Fetzer. Sein Schuss aufs kurze Eck konnte Gronau aber entschärfen. St. Pauli marschierte weiter nach vorne, Serdal Celebi scheiterte zunächst an Wunderlich, dann am Außennetz und bei einem Achtmeter an der Latte. Es blieb letztlich beim 1:1-Unentschieden, welches für die Elbstädter vielleicht – wenn man auf die vielen Chancen schaut – ein bisschen zu wenig ist. Bei den Hamburgern war Celebi, bei Chemnitz Debütant Wunderlich der beste Spieler.

Als nächstes griff der amtierende deutsche und Rekordmeister, der MTV Stuttgart, ins Ligageschehen ein. In ihrem ersten Spiel traf das Team um Nationalcoach Pfisterer auf den PSV Köln. Durch den Kantersieg der Marburger, dem wohl stärksten Titelkonkurrenten der Schwaben, sollten diese hochmotiviert ins Spiel gehen. Die erste Chance gehörte aber den Kölnern – und der ehemalige Nationalspieler Michael Wahl vollstreckte nach Vorlage seines neuen Teamkollegen Dennis Krallert eiskalt zum 1:0 für die Rheinländer. Jetzt waren die Stuttgarter gefordert. Kapitän Russom versuchte es mit einem Freistoß direkt, sein Schuss ging aber über das Kölner Tor. Der Druck der Stuttgarter nahm zu und sie waren nun die Spielbestimmende Mannschaft. Sarikaya setzte einen Schuss ebenfalls am Kölner Gehäuse vorbei. Da es in diesem Spiel hart zur Sache ging, hatten die Kölner schon früh die Teamfoulgrenze erreicht. Die Folge war der erste Achtmeter für Stuttgart! Kapitän Russom ließ sich diese Chance nicht nehmen und verwandelte zum 1:1-Ausgleich nach 16 Minuten. Die Schwaben um Nationalkapitän Fangmann versuchten gleich nachzulegen, Sarikayas Schuss brachte aber kein Tor. Weitere Achtmeterstrafstöße von Russom und Sarikaya waren ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Die Folge der nun immer einseitiger werdenden Partie war ein weiterer Achtmeter, den Russom diesmal in der rechten Ecke versenkte. Das 2:1 war gleichzeitig der Halbzeitstand.
Erwähnenswert war die Unsicherheit der Schiedsrichter bei der Frage, ob der beim Achtmeter eingewechselte Russom direkt an den Punkt antreten durfte. Nach dem neuen IBSA-Regelwerk (Version 2014-2017) darf zwar gewechselt werden, allerdings der eingewechselte Spieler nicht der Schütze des bereits gegebenen Achtmeters sein.
Der zweiten Halbzeit sollte vor allem Alex Fangmann seinen Stempel aufdrücken. Sein schöner Linksschuss (nach knapp einer Minute) brachte die 3:1-Führung. Die Partie wurde zunehmend hitziger. Ein kurzes Gerangel zwischen Russom und Wahl brachte beiden die gelbe Karte ein. Nach dem Wahl zum fünften Mal Foul gespielt hatte und somit den Platz verlassen musste, sah er beim Verlassen des Spielfelds zudem nach einer Schiedsrichterbeleidigung den roten Karton. Auch die Teamfouls wurden in dieser Halbzeit stark genutzt. Köln erreichte als erstes Team das Vierte und somit gab es – mal wieder – den fälligen Achtmeter für den MTV. Diesen setzte Russom aber neben das Tor, weiter 3:1. Russom hatte erneut vom Punkt die Chance, allerdings war Mathias Hoss mit glänzender Parade zur Stelle. Beim anschließenden Angriff machte es Fangmann besser und markierte das 4:1, welches auch zugleich der Endstand war. Somit hielt diese Partie, was sie im Vorfeld versprochen hatte – Emotionen und viele Tore. Nach der roten Karte für Michael Wahl wird der PSV am nächsten Spieltag mindestens für ein Spiel auf seinen gefährlichsten Angreifer verzichten müssen. Eventuell blüht den Domstädtern auch noch ein längerer Verzicht, Vedat Sarikaya sah 2013 für seine rote Karte aufgrund einer Schiedsrichterbeleidigung für drei Spiele nicht mehr den Kunstrasen.

Im vierten Spiel des Tages trafen der ISC Viktoria Dortmund-Kirchderne sowie die SG Eintracht Braunschweig und Viktoria Berlin aufeinander. Während auf Seiten der Westdeutschen bekannte Namen wie Cengiz Dinc, Hasan Altunbas oder Hasan Caglikalp auf dem Feld standen, feierte auf Seite der SG Nationalspieler Kofi Osei nach anderthalbjähriger Abstinenz sein Comeback. Zudem durften sich auf Seiten der SG der Braunschweiger Leo Steinkampf-Sommer sowie der Berliner Thaddäus Wartenberg über ihre jeweils ersten Minuten als Bundesliga-Spieler freuen.
nach anfänglichem Abtasten auf beiden Seiten erspielten sich beide Teams erste Chancen. Doch sowohl Kofi Osei als auch Hasan Altunbas und Cengiz Dinc scheiterten an Jan Engelland bzw. Neu-SG-Keeper Thaddäus Wartenberg.
In der 9. Spielminute war es SG-Kapitän Heinrich Niehaus vorbehalten, den ersten Treffer der Partie zu erzielen. Nach einer Balleroberung in der eigenen Hälfte marschierte er über das Spielfeld und schoss den Ball von halbrechts ins kurze Eck ein. Danach drückten die Spieler der SG insbesondere durch die beiden Angreifer Kofi Osei und Edis Veljkovic. Einen herben Rückschlag mussten die Westdeutschen nach 17 Minuten hinnehmen. nachdem Angreifer Hasan Altunbas zu Beginn des Spiels bereits eine gelbe Karte wegen eines groben Foulspiels erhalten hatte, leistete er sich ein weiteres unsportliches Verhalten, so dass er vorzeitig das Spielfeld verlassen musste. Dortmund durfte erst nach fünf Minuten wieder auf vier Feldspieler auffüllen. Ohne weitere Höhepunkte ging es in die Pause.
Nachdem der SG-Stürmer Osei in der ersten Halbzeit noch mehrfach am Pfosten oder an ISC-Keeper Engelland gescheitert war, drehte er nach dem Seitenwechsel richtig auf. Innerhalb von zehn Minuten erhöhte er die Führung der Niedersachsen und Berliner durch drei sehenswerte Tore auf 4:0. Damit war das Spiel entschieden. Den Schlusspunkt setzte ISC-Kapitän Hasan Caglikalp durch ein Tor im Anschluss an eine Dortmunder Ecke. Insgesamt verhinderte der Altunbas-Platzverweis, der den Ruhrpott-Kickern enorme Durchschlagskraft nahm, eine ausgeglichenere Partie, wodurch die SG letztlich einen ungefährdeten auftaktsieg einfahren konnte. Die Dortmunder werden motiviert sein, beim Heimspieltag in drei Wochen auf eigenem Gelände die ersten Punkte der Saison einzufahren.

Spielszene zwischen der SG Braunschweig/Berlin und dem ISC Dortmund
Spielszene zwischen der SG Braunschweig/Berlin und dem ISC Dortmund

Den Abschluss des Auftaktspieltags bildete die Begegnung zwischen dem VfB 09/13 Gelsenkirchen und den aus dem ersten Spiel arg gebeutelten Kickern des BFW und VSV Würzburg. Auf Grund der guten Endplatzierung der Westdeutschen und der hohen Niederlage der Bayern aus dem Auftaktspiel gegen Marburg galten die Mannen rund um Kapitän Bayram Dogan als leicht favorisiert. Würzburg machte in diesem Spiel seine Sache besser. Zwar konnten sie nicht die zwei Gegentore durch Hasan Koparan verhindern, bekamen aber nicht wieder zweistellige torergebnisse eingeschenkt. Für den VfB war dieser Dreier ein optimaler Start in die neue Saison. Konnte man sich doch so direkt in der oberen Tabellenhälfte platzieren.

Gelsenkirchen im Angriff auf das Würzburger Tor
Gelsenkirchen im Angriff auf das Würzburger Tor

Insgesamt bot der Gutenbergplatz in Mainz ein tolles Ambiente für den Auftakt in die siebte Saison der DBFL. Bei tollem Wetter und sehr hoher Zuschauerresonanz kamen Erinnerungen an die Stadt-Spieltage in Hamburg und Stuttgart in der Saison 2013 hoch, die ebenfalls in solch einer beeindruckenden Atmosphäre ausgetragen wurden. Das Bild in der Tabelle ist nach dem ersten Spieltag sicherlich noch nicht wirklich aussagekräftig. Am nächsten Spieltag am Pfingst-Wochenende auf dem Platz des ISC Viktoria Dortmund-Kirchderne wird an zwei tagen gespielt werden. Danach lassen sich vielleicht erste Tendenzen für die Tabelle erahnen.