Unglücklicherweise war es lange still rund um den Sport mit dem rasselnden Leder. Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie musste der Start der Blindenfußball-Bundesliga Saison in den September verschoben werden und findet nun in Erfurt (12. September), dem eigentlichen Final-Spielort, statt. Außerdem stehen sich die sechs teilnehmenden Mannschaften in Dortmund (19.-20.September) und Hamburg (10.-11. Oktober) gegenüber, ehe auf dem Domplatz in Magdeburg (24. Oktober) die Platzierungsspiele ausgetragen und der Deutsche Meister 2020 feststehen wird. Im Gespräch mit Blindenfußball.net spricht Nico Kempf, stellvertretender Geschäftsführer der DFB-Stiftung Sepp Herberger, über die bevorstehende Saison.
Blindenfußball.net: Turbulente Monate und Wochen liegen hinter der Gesellschaft. Die Pandemie brachte einen zwischenzeitlichen Lockdown und das Aussetzen jeglicher Sportveranstaltungen mit sich. Mit Blick auf die Blindenfußball-Bundesliga: Wie habt Ihr diese Zeit, in der die Austragung unklar war, wahrgenommen?
Kempf: Ich habe zu Beginn der Corona-Pandemie in den vielen Gesprächen und Telefonkonferenzen mit den Verantwortlichen der Liga-Teams eine große Solidarität und ein starkes Gemeinschaftsgefühl untereinander gespürt. Wir waren dann sehr froh, dass wir die Liga bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Einvernehmen mit allen Mannschaften in den Herbst verschieben konnten. So konnten alle Sportlerinnen und Sportler nach der langen Corona-Pause ihr Training auf ein sportliches Ziel ausrichten. Wir sind sehr glücklich, dass wir nun mit dem Auftakt-Spieltag in Erfurt in die neue Saison starten können.
Blindenfußball.net: Die stetig neuen Entwicklungen führten dazu, dass Ihr, anders in den vergangenen Spielzeiten, keinesfalls eine vorzeitige Planungssicherheit hattet. Wann fiel die Entscheidung, dass die diesjährige Saison ausgetragen werden kann?
Kempf: Wir haben die jeweils aktuellen Entwicklungen und die damit verbundenen Corona-Vorgaben an die Veranstalter kontinuierlich und intensiv verfolgt. Wir stehen seit Wochen mit dem Gesundheitsamt in Erfurt im engen und kontinuierlichen Austausch. Wir spüren in den Gesprächen mit den zuständigen städtischen Stellen eine große Unterstützung für den Blindenfußball. Gleichzeitig war uns klar, dass die abschließende Entscheidung hinsichtlich der Genehmigung unserer Veranstaltung unter Einhaltung besonderer Hygienevorgaben nur kurzfristig vor der Veranstaltung erfolgen kann, da die sich stetig verändernden Entwicklungen im Zuge der Corona-Pandemie jeweils neu bewertet werden müssen.
Blindenfußball.net: Seit dem Entschluss war aller Hand zu tun. Ihr musstet unter anderem ein geeignetes Hygienekonzept entwickeln? Wie sieht dies im Groben aus?
Kempf: Ja, wir haben gemeinsam mit dem Gesundheitsamt ein umfassendes Hygienekonzept für den Auftakt-Spieltag entwickelt. Die Grundlage des Handelns bildet die aktuelle regionale Verordnung des Gesundheitsamts beziehungsweise der Landesregierung Thüringen. Handlungsleitend sind zudem die Leitplanken, Hygienekonzepte und Corona-Ratgeber des Deutschen Olympischen Sportbundes, des Deutschen Fußball-Bundes, des Deutschen Behindertensportverbandes und des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes. Im Rahmen des Konzeptes werden beispielsweise neben allgemeinen Hygieneregeln spezifische Hygieneanweisungen für die Teams gegeben. Auch der Besucherfluss oder die Maßnahmen zur Einhaltung der Abstandsvorgaben für die Zuschauer spielen eine wichtige Rolle. Wir sind der Landeshauptstadt Erfurt, aber auch der für uns tätigen Agentur Tailormade sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit im Rahmen der Entwicklung des Konzeptes.
Blindenfußball.net: Um die diesjährige Saison auszutragen, wart Ihr gezwungen, die Spieltage in kurzen Abständen aneinanderzureihen. Das Worst-Case-Szenario wäre, wenn sich zwischenzeitlich ein Spieler oder Mitglied aus dem Betreuerteam mit dem Corona-Virus infiziert. Inwiefern spielten solche Gedankenspiele eine Rolle bei der Spieltagsterminierung und wie wollt ihr bei einem entsprechenden Fall vorgehen?
Kempf: Der Schutz der Sportlerinnen und Sportler steht über allem. Deshalb werden stets alle einzuhaltenden Hygienevorgaben eingehalten. Zum Schutz der Gesundheit muss beispielsweise auch ein Risikofragebogen von allen Team-Mitgliedern am Spieltag ausgefüllt werden, um den Gesundheitszustand zu erfragen. Bei einem möglichen Verdacht einer Infektion ist die Teilnahme am Spielbetrieb ausgeschlossen. Sollte sich ein Team-Mitglied dennoch infizieren, wird das weitere Vorgehen mit den jeweiligen lokalen Gesundheitsbehörden abgestimmt.
Blindenfußball.net: Die Blindenfußball-Bundesliga wirbt Jahr für Jahr erfolgreich damit, stets in die Mitte der Gesellschaft zu gehen – dort, wo sich viele Menschen tummeln. Die derzeit herrschenden Umstände sorgen nun dafür, dass ihr zwar in die Mitte der Gesellschaft, aber nicht mehr die Zuschauerzahlen aus den vorherigen Jahren erreichen werdet – wie geht man mit dieser neuen Situation um?
Kempf: Es geht in diesem Jahr nicht darum, bei den Stadt-Spieltagen einen neuen Zuschauerrekord zu brechen. Wir wollen im Rahmen der behördlichen Vorgaben mit Blick auf die maximale Besucherzahl den anwesenden Zuschauern unter Einhaltung der Hygienevorgaben eine faszinierende Fußballfacette näherbringen. Für uns ist es wichtig, den blinden und sehbehinderten Fußballerinnen und Fußballern auch in dieser besonderen Zeit einen geregelten Spielbetrieb zu ermöglichen. Zur Umsetzung dieses Ziels müssen alle Teams an einem Strang ziehen und sich an die strengen Hygienevorgaben halten. Wir spüren, dass alle dem Saisonstart entgegenfiebern und sich auf die 13. Auflage der Blindenfußball-Bundesliga freuen.
Bundesliga per Live-Audiodeskription hautnah miterleben
Auch in diesem Jahr können Interessierte von Zuhause und vor Ort die Partien per Spielbeschreibung lauschen. Die Begegnungen werden von Maurizio, Jari, Florian, Felix und Jonas kommentiert. Zu hören ist der Live-Stream direkt über den Media-Player auf Blindenfussball.net oder per Telefon unter: 0345 / 483 41 6722