… und das alles an einem Tag – dieser Gedanke wird den Spielern der deutschen Blindenfußball-Nationalmannschaft nach dem Vier-Länder-Turnier vermutlich noch länger in Erinnerung bleiben!
Nach dem überhaupt ersten Sieg über Spanien (3:2 nach Sechs-Meter-Schießen, 1:1 bei Abpfiff) folgte im Finale die knallharte Ernüchterung. Gegen Vize-Weltmeister und Paralympics-Teilnehmer Argentinien bekam Deutschland mit einem 0:5 die zweithöchste Niederlage der Geschichte eingeschenkt. Die höchste Niederlage kassierten die Deutschen bei der EM 2007 gegen Frankreich – damals verlor man 0:7.
Three Lions scheitern an „The Bats“
Nachdem die Stadt ihrem Namen am Freitag noch alle Ehre machte und heftige Regenfälle den Rasen unbespielbar werden ließen, zeigte sich Regensburg einen Tag später von seiner sonnigen Seite. Alle vier Partien konnten auf dem Naturrasen des Universitätsstadions ausgetragen werden. Den Anfang bildeten die Teams aus England und der Vize-Weltmeister aus Argentinien. Die „Three Leons“ waren gegen das bei den Paralympics im September als Titelanwärter geltende Argentinien Außenseiter. Dementsprechend gestaltete sich auch der Spielverlauf. Während England meist in die Defensive gedrängt und nur selten – und wenn durch Standards – zu Entlastungsangriffen kam, agierten die Südamerikaner von Beginn an offensiv. Die „Fledermäuse“ schnürten die Briten meistens in der eigenen Hälfte ein. Das 1:0 aus südamerikanischer Sicht spiegelte den klaren Spielverlauf am Ende nicht wirklich wider. Eine Hiobsbotschaft mussten die Engländer bereits vor Anpfiff hinnehmen: Dan English zog sich beim Aufwärmen einen Nasenbeinbruch zu und fehlte seinem Team somit im kompletten Turnier.
Russom macht es wie gegen Draisaitl
Im Sechsmeterschießen versenkte er
sicher: Deutschlands Nummer 8, Mulgheta Russom
Im zweiten Halbfinale griff der Gastgeber aus Deutschland in das Turniergeschehen ein. Gegen die favorisierten Spanier kam Deutschland zunächst nur schwer ins Spiel und musste sich in Hälfte eins einiger spanischer Angriffe erwehren. Einer dieser Angriffe führte auch zum 0:1. Dieses hatte bis kurz vor Schluss Bestand, wenn auch das DBS-Team in Hälfte zwei den Druck immer mehr erhöhen konnte. Nach einer Ecke, bei welcher alle vier Feldspieler der Deutschen im gegnerischen Angriffsdrittel waren, konnte Kapitän Alex Fangmann die Niederlage mit dem 1:1 gerade noch abwenden. Verdient aus deutscher Sicht ging es nun ins Sechsmeterschießen. Die ersten Schützen beider Teams verschossen – für Deutschland trat Serdal Celebi an den Punkt.
Nachdem der zweite Schütze der Spanier traf, war der Druck bei Hasan „Ted“ Altunbas treffen zu müssen schon relativ hoch. Doch der Dortmunder ließ sich nicht beirren und glich für „Die Mannschaft“ aus. Es war also wieder alles offen. Schütze drei bei Spanien scheiterte mit seinem Schuss an Torhüter Sebastian Themel. Mulgheta Russom, welcher vor einigen Wochen an der ZDF-Torwand durch seinen 1:0-Sieg über NHL-Eishockey-Star und Nationalspieler Leon Draisaitl für Furore sorgte, hatte die Chance, das DBS-Team ins Finale und zum ersten Sieg gegen Spanien in der Historie zu schießen. Er trat an – und ließ dem spanischen Keeper keine Chance: Deutschland stand im Finale!
England verweist müde Spanier auf den letzten Platz
Im „kleinen Finale“ standen sich – wie schon bei der EM im letzten Jahr – die Teams aus England und Spanien gegenüber. Die Three Lions, welche über das gesamte Spiel die konditionell stärkere Mannschaft waren setzten sich am Ende verdient mit 1:0 durch. Spanien wirkte über das gesamte Spiel müde und nicht auf Ballhöhe. England hatte durch mehrere Chancen vom Punkt, das Ergebnis noch höher zu gestalten, konnte diese aber nicht nutzen.
Lehrstunde für das DBS-Team
Im Finale gab es dann für Deutschland wenig zu holen. Ein extrem frühes Gegentor ließ Böses ahnen und als der zweite Gegentreffer fiel, schien die Messe bereits gelesen. Bei diesem 0:2 machten vor allem die deutschen Schiedsrichter keine gute Figur. Russom lag nach einem vorangegangenen Angriff im Strafraum am Boden und trotz wiederholter lautstarker „Schiri“-Rufe unterbrachen diese die Partie nicht. Argentinien spielte sehr offensiven Fußball, griff überwiegend zu dritt an. Deutschland, bei dem das Duo Hasan Altunbas und Hasan Koparan die vorderste Front bildete, gelangte kaum vor das gegnerische Tor.
Erst nach dem Seitenwechsel erspielten sich die Pfisterer-Schützlinge selbst einige Torchancen. Allerdings vernachlässigte man zunehmend die eigene Abwehr. Zwangsläufig nutzten die argentinischen Profis dies kaltschnäuzig aus. So stand es nach drei weiteren Gegentreffern beim Abpfiff 5:0.
Auch wenn das Ergebnis letztlich etwas zu hoch ausfiel, so zeigten die Deutschen dennoch, dass sie mit zunehmender Spielpraxis den vermeintlich Großen Europas sehr nahe gekommen sind. Schwergewicht Argentinien war dann jedoch gleich mehrere Nummern zu groß.
Bereits am kommenden Wochenende hat das Team in Göttingen zwei weitere Chancen bei Spielen gegen Argentinien von den erfahrenen Südamerikanern zu lernen und das eigene Spiel weiter zu verbessern.
Fotos: Christian Brüssel