Trotz der heißen Wetterbedingungen jenseits der 30 Grad ließen es sich rund 450 Zuschauer auf beiden Tagen verteilt nicht nehmen, dem Blindenfußball-Turnier der deutschen Nationalmannschaft beizuwohnen. Neben der Auswahl von Bundestrainer Peter Gößmann sorgten EM-Gastgeber Italien und Spanien im Ostparkstadion für internationales Flair. Nach Visa-Problem bei der Nationalmannschaft Ghanas sprang der amtierende deutsche Meister MTV Stuttgart ein.
Die deutsche Nationalmannschaft bot an beiden Tagen eine starke Leistung.
Im ersten Semifinale setzte sich die DBS-Elf mit 1:0 gegen Italien durch. Alexander Fangmann erzielte unter Mithilfe des Innenpfostens wenige Minuten vor dem Spielende den einzigen Treffer des Tages. Über die gesamte Laufzeit der Partie war das Gößmann-Team die dominierende Mannschaft. Allen voran Jonathan Tönsing, der mit seinem Tempodribbling immer wieder von der rechten Seite in die Zentrale zog, um dann abzuschließen, sorgte für Gefahr. Dass die Hausherren nicht bereits schon nach wenigen Minuten führten, war allein Schlussmann Andrea Chellini zu verdanken. Der Italiener parierte einige Schüsse der deutschen Offensive zum Teil spektakulär und erntete dafür Applaus der zahlreich erschienenen Zuschauer. Die Niederlage, wie schon bei der EM 2017 in Berlin, konnte der 23-Jährige Keeper allerdings nicht verhindern.
Entwicklung der deutschen Nationalmannschaft sichtbar
Im Finale musste sich die DBS-Elf dann dem Vize-Meister mit 0:1 geschlagen geben. Nach einer kniffligen Zweikampfsituation entschied Schiedsrichter Patrick Sapountzoglu auf Freistoß für Spanien. Aus rund acht Metern halblinker Position überwand Torjäger Youssef El Haddaoui Sebastian Themel im Gehäuse der Deutschen. Themel war zwar mit der Hand noch am Ball, konnte die Kugel aber nicht mehr um den Pfosten herumlenken. Besonders bitter: El Haddaoui gelang es, ausgerechnet die Lücke zwischen der Drei-Mann-Mauer und dem vierten, versetzten Feldspieler zu finden. „Was soll man machen?“, fragte Themel im Anschluss. „Entweder er trifft ausgerechnet die kleine Lücke oder er zieht sich den Ball ins Zentrum und steht dann zentral und völlig frei vor dem Tor.“
Trotz der Niederlage, die Handschrift von Bundestrainer Gößmann, der seit Januar 2018 im Amt ist, ist erkennbar. „Den größten Sprung haben wir im strukturellen Spiel gemacht. Es gibt klare Aufgaben und eine Systemumstellung, an der wir festhalten und mit der sich jeder momentan sehr wohlfühlt. Die offensiven und defensiven Elemente müssen aber noch verfeinert bzw. noch intensiver einstudiert werden müssen. Wir sind da noch nicht am Ende. Wir haben eine klare Strategie“, sagt Hasan Koparan, der in der Bundesliga für den FC Schalke 04 auf Punktejagd geht und seit dieser Spielzeit sowohl im Verein, als auch in der Nationalauswahl, auf einer für ihn zunächst ungewohnten Position auftritt. „So kann ich der jeweiligen Mannschaft viel mehr helfen und meine Qualitäten, also das Körperliche und die Zweikämpfe, ins Spiel bringen. Zugleich können junge Nationalspieler, wie Jonathan Tönsing, Rasmus Narjes, durch die von Teammanager Rolf Husmann koordinierten Ländervergleiche, reifen.
Hasan Koparan, deutscher Nationalspieler: „Den größten Sprung haben wir im strukturellen Spiel gemacht. Es gibt klare Aufgaben und eine Systemumstellung, an der wir festhalten und mit der sich jeder momentan sehr wohlfühlt. Die offensiven und defensiven Elemente müssen aber noch verfeinert bzw. noch intensiver einstudiert werden müssen. Wir sind da noch nicht am Ende. Wir haben eine klare Strategie.“ – Hasan Koparan, deutscher Nationalspieler.
Alexander Fangmann, Nationalmannschaftskapitän: „Das Allerwichtigste ist die defensive Grundformation. Wir hatten oft eine Ausrichtung, die auf den Gegner zugeschnitten war und nicht auf uns selber. Mit der 1:3-Formation haben wir eine Ausrichtung gefunden, mit der wir uns immer wieder zurückziehen können und starken Gegnern Paroli bieten können. Ein weiterer Punkt ist die Konzentration des Einzelnen auf seine Stärken. Die Offensiven werden weniger in die zentrale Rolle gedrängt und können so ihre Qualitäten ausspielen.“
Die Weiterentwicklung schlägt sich auch in den vergangenen Ergebnissen nieder. Rund 24 Stunden vor dem Nationen-Turnier testete die DBS-Elf bereits gegen den Vize-Europameister, holte ein 1:1. Zusätzlich setzte das deutsche Team mit Siegen und Unentschieden gegen Europameister Russland Ausrufezeichen und überzeugte gegen die Belgien, Rumänien und Moldawien. Fast schon selbsterklärend, dass Optimismus, an den Paralympics 2020 in Tokio (Japan) teilzunehmen. Die Chance stehe bei rund 25 Prozent, erklärte Husmann jüngst in einem Interview mit den RuhrNachrichten. Dafür musste die DBS-Auswahl das Finale erreichen – nicht unmöglich. Bis dahin muss aber unbedingt die noch verhaltene Zweikampfführung abgelegt und der Mut, die Torgefährlichkeit im letzten Offensivdrittel zu suchen, dazugewonnen werden. Diese Schwächen waren insbesondere im Finale gegen die Spanier erkennbar.
Der nächste internationale Härtetest steht bereits kommenden Monat (19. – 21. Juli). Marokko und Rumänien haben bereits zugesagt, bei der russischen Auswahl ist die Bestätigung noch ausstehend. Gespielt wird in Mönchengladbach.
MTV Stuttgart sammelt Erfahrungen
0:9 gegen Spanien verloren, aber am Ende gehörte auch der MTV Stuttgart zu den Gewinnern. Ohne Alex Fangmann, Mulgehta Russom und Lukas Smirek, die allesamt für die Nationalmannschaft abgestellt wurden, nahm das Team von Cheftrainer Giuseppe Calaciura den Platz von Ghana ein, die kein Visa erhalten haben. Die Schwaben waren spielerisch zwar klar unterlegen, aber die zum Teil erst frisch zum Bundesliga-Kader dazugehörenden Akteure sammelte Erfahrung für weitere Aufgaben.
Ergebnisse vom Wochenende:
Halbfinale 1: Deutschland – Italien 1:0
Halbfinale 2: MTV Stuttgart – Spanien 0:9
Spiel um Platz 3: MTV Stuttgart – Italien 0:2
Finale: Deutschland – Spanien 0:1